Nachdem ich heute Mittag der Lebensgefährtin vom Papa zum Geburtstag gratuliert hatte, musste ich sogleich an ihn und meine Reise nach Altaussee denken.
Der, der einen Tag vor ihr Geburtstag hat, ist mir bedeutend bedeutsamer als sie und doch gedenke ich seiner immer erst, wenn ich ihr gratuliere. Ein seltsames Phänomen.
Und wenn ich an ihn denke, lande ich nahezu immer auch bei den Erinnerungen an diese Reise nach Altaussee.
Vor Pfingsten war es, der Sommer noch mild und sanft, die Natur gerade wieder erblüht, die schöne Morgenlaufrunde um den See, der Loserblick von meinem Balkon, der Abendspaziergang durch duftende Dorfstraßen hinauf zu seinem Geburtshaus, der Aufstieg auf den Loser in der Mittagshitze, der Sohlenbruch im rechten Trekkingschuh, der Kaiserschmarrn mit Aussicht zum Dachstein (und mit Zwetschkenröster kredenzt, nicht mit Apfelmus, das mir zuwider ist – vivat Austria!, auch für das „k“ im Obst!)
Dachstein! – dieses Wort seit Kindertagen für mich so gewaltig wie das Gebirge, das es bezeichnet, es stand auf den für Kinderaugen unglaublich groß und schwer wirkenden Bergstiefeln des Papas. Diese Stiefel waren wie er: eben groß und schwer, und sie versprachen Halt.
Altaussee. Im Morgennebel den Fischern bei der Arbeit zusehen, den ganzen Tag kreuz und quer durch den Ort laufen, durch schattige Gassen, verschlungene Seitenpfade, wieder und wieder an den See hinab, abends im Dorfgasthof mit dem Jäger über seinen alten Hund unterhalten, der es sich auf meinen Füßen bequem gemacht hatte, sich auf dem Heimweg zur Pension schwören, eines Tages selbst wieder einen Hund zu haben und dann nochmal nach Altaussee zu reisen, mit diesem Hund, dem es dort genauso gefallen würde wie mir.
Altaussee. Ich verkneife es mir, den Ortsnamen in seine Bestandteile zu zerlegen. Beim Betrachten eines Fernsehbeitrags anlässlich seines gestrigen Geburtstags fällt mir erstmals auf, dass man ihm das Alter nun auch ansieht.
75 schon, kaum zu glauben – diese Zahl trifft mich irgendwie, im Vorübergehen streift die Vergänglichkeit wohl ganz sacht auch meine Schulter, was doch neulich, an seinem 60., zu dem ich mir einen tollen Bildband von ihm gönnte, noch kein bisschen der Fall war.
Ist eigentlich alles gesagt? Na hoffentlich noch lange nicht!
Alles Gute nachträglich für eine der Stimmen meines Lebens: Klaus Maria Brandauer.
Na alles Gute für den Papa, ruf ich dann mal.
Ein sehr schöner Text, Natascha. Ich war noch nie am Altaussee, dachte aber auch beim Mehrfachlesen drüber nach, wie man ihn wohl ausspricht und denke direkt an „altaussehend“…
Die Stimme von KMB liebe ich auch sehr, besonders gern in „Jenseits von Afrika“ (ich alte Romantikerin), wenn er „Tanne…“ sagt.
Apfelmus mag ich übrigens seeehr.
Schöne Samstagabendgrüße, Birgit
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Danke, liebe Birgit!
Der Ortsname wird ausschließlich auf der letzten Silbe betont, ich kann’s mittlerweile meist fehlerfrei aussprechen. Dasselbe gilt für das benachbarte Bad Aussee (der unwissende Deutsche betont es auf Aus, der Steirer auf See).
Lustig, dass du das mit „Tanne…“ erwähnst, das hat sich mir auch auf ewig ins Ohr eingebrannt. Wäre er in dem Film nicht so ein Hallodri gewesen, hätt ich ihn vermutlich nicht nur seiner Stimme wegen toller gefunden als den Redford.
Schönen Sonntag auch für dich!
Natascha
PS: Bin mit einem großen Apfelmus-Fan verheiratet, aber das hat an meiner Präferenz für Preiselbeeren und Zwetschkenröster nichts geändert.
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Ja. Den Robert mocht ich in dem (und nicht nur in dem) Film auch lieber.
Übrigens ist Quittenmus noch besser… probiers mal mit dem. Aber vermutlich ist’s bei Dir die Konsistenz und nicht der Geschmack…
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Das ist einen Versuch wert, denn ich liebe Quittengelee! Danke für den Tipp!
(Beim Apfelmus mag ich weder Geschmack, noch Konsistenz und vor allem erinnert es mich an Nachspeise im Schullandheim, wo ich mich sehr unwohl fühlte.)
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Ah… bei mir heißt dieses Trauma Sauerbraten.
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Tschuldigung… der Lebensgefährtin gilt der Glückwunsch, dem Papa und Dir der Gruß.
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Jau, der ewige „Mephisto“ ! Tolles Buch Neeehe! Nich‘ an Goethe denken: Klaus Mann schriebs.), toll verfilmt. Preise zurecht abgeräumt.
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