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Hotdogs oder: Auf Schattenjagd.

Kurz überlegt, diesen Beitrag meiner Blog-Serie „Hund haben“ hinzuzufügen, weil schließlich der gesamte Städtetrip wegen des Hochsommerausbruchs auf die beiden mitreisenden Hunde abgestimmt werden musste und das ja dann eine Art des Reisens ist, die sich Nicht-Hundehalter nur schwer vorzustellen vermögen, geschweige denn nachahmen möchten.

Wenn Sie nämlich bei 30 bis 34 Grad mit zwei Vierbeinern ein schmuckes Städtchen besuchen möchten, so bedeutet das:

Sie sehen nicht annähernd das von der Stadt, was Sie sich vorgenommen haben, weil Sie sich permanent im Schatten aufhalten oder aber die Hunde im Hotel lassen müssen, was freilich nicht den ganzen Tag lang geht, sondern nur zeitfensterweise, was wiederum Ihren eigenen kulturellen Flanierradius erheblich begrenzt.

Dafür sehen Sie umliegende Waldgebiete und Orte, deren Namen Ihnen sofort wieder entfallen (die meisten enden auf –roda) und Sie laufen insgesamt mindestens doppelt so viel als Sie es je bei solchen Temperaturen vorgehabt oder für möglich gehalten hätten, denn nach jeder Hunderunde geht’s erstmal zurück zum Hotel und anschließend wieder hundelos in die glutheiße Stadt, die man den Tieren keinesfalls zumuten kann (erst recht nicht, wenn eines der Tiere von bodennahem Bau und damit besonders nah dran ist am heißen Asphalt), dann wieder zurück ins Hotel und behundet weiter in den schattigen Park oder ins Café – da kommen schnell mal 15 Kilometer zusammen.

Bei nahezu jeder Rückkehr ins Hotel duschen Sie sich und/oder den Hund kalt ab, damit die nächste Etappe für Sie und/oder Ihren Hund einigermaßen gut zu überstehen ist oder auch, weil Sie sich den braunen Ilmschlick, den sich die aus dem Flüsschen hüpfenden Hunde nach jedem Bade aus dem Fell schütteln (selbstverständlich direkt auf Ihre nackten Beine und sauberen Beinkleider) abwaschen müssen, manchmal liegen Sie auch einfach für ein Stündchen gemeinsam mit Ihrem Hund wie erschlagen auf den kühlen Laken des Hotelbetts und dampfen so vor sich hin, schicken eine WhatsApp ins Nebenzimmer, um sich zu erkundigen, wie die Lage dort ist (erwartungsgemäß exakt dieselbe!).

Sie sind (wegen des Ilmschlicks und der Affenhitze) saumäßig froh, ziemlich viele Shirts und Shorts mitgenommen zu haben, weil Sie sich nach jedem Ausflug, egal wie lang oder kurz der war, mehr oder weniger komplett umziehen müssen oder wollen – endlich einmal alles richtig gemacht beim Kofferpacken! -, auch das neue Zeckenzangensortiment bewährt sich und abendliche Ungezieferoperationen auf dem gefliesten Hotelzimmerboden (der zwar hässlich, aber herrlich kühl ist) schweißen Sie und Ihre Reisegruppe noch mehr zusammen als man eh schon zusammengeschweißt ist bei all dem Schweiß.

Goethemuseum, Schillerhaus, Feuerbachstraße, Eckermannbuchhandlung, Herderplatz, Lisztdenkmal, Wielandstatue, dazwischen Kirchen, Schlösser, Gärten, Pavillons und Gassen mit Fassaden, die so herausgeputzt sind, dass es schon mehr nach Filmkulisse ausschaut als nach echten, gar bewohnten Gebäuden.
Zitate an Häuserwänden, Hinweistafeln alle paar Meter und nicht zu vergessen: das Ginkgoblatt in allen möglichen und unmöglichen Variationen (und gottseidank auch noch in der mattiert-silbernen, in der ich es mir vor 25 Jahren nicht habe leisten können, als ich Weimar noch als Studentin besuchte).
Etliche Touristen, viel studentisches Volk, aber auch ein paar Glatzen und andere mental fragwürdig Beheimatete.
Und erstaunlich viele Dachshunde, wo man doch dachte, hier würde es vor Weimaranern wimmeln.

Nach 46 Stunden kennen Sie dann jeden Flusszugang im Park an der Ilm, alle Brunnen, kühlen Pfade und Wiesen sowie die schattigsten Café-Hinterhöfe der Stadt und wissen, welches Denkmal zu welcher Tageszeit seinen Schatten so wirft, dass er auf eine Fläche fällt, die groß genug ist, um dort entspannt zwei hechelnde Hunde zu parken, damit Sie selbst kurz so etwas Ähnliches wie Sightseeing betreiben können.

Zwei richtige Hundstage waren das und trotz der tropischen Temperaturen ein ganz wunderbares Wiedersehen mit meiner Freundin Andrea und ihrem Labradoodle Bobby, den wir üblicherweise den Großen Braunen zu nennen pflegen, was sich aber in ebendiesem Landstrich nun nicht anschickt, und ab einer gewissen Mattigkeit oder Wurschtigkeit heißen ja ohnehin alle Hunde Mäuschen oder Bärchen oder Mausebär (was alle aufrichtigen Hundehalter bestätigen werden und alle Nicht-Hundehalter sowieso nicht nachvollziehen können).

Mit diesem Buchstaben- und Bilderreigen senden wir herzliche Grüße nach Braunschweig, danken für die schöne gemeinsame Zeit (die passenderweise im Schlosspark zu Bell-Vedere endete), verabschieden uns hiermit zum Nachtschwimmen und melden uns wohl demnächst aus den Hohen Tauern, wo wir hoffentlich unsere T-Shirts aus anderem Anlass durchschwitzen dürfen.

4 Kommentare zu “Hotdogs oder: Auf Schattenjagd.

  1. Deine beiden Vierbeiner sind wirklich so süß und macht auch Spaß hier darüber zu lesen!
    Liebe Grüße von Hanne

    Gefällt 2 Personen

  2. Schöne Panoramen aus dem -roda-Land und Weimar!

    Gefällt 1 Person

  3. Eine so treffende Zusammenfassung unseres wunderbaren gemeinsamen Wochenendes ist das, liebe Natascha! Ich finde ja, dass wir zwar viel weniger aber gleichzeitig auch viel mehr gesehen haben, als wir uns vorgenommen haben.
    Das ist das tolle, wenn man mit Hund unterwegs ist. Man muss zwangsläufig die ausgetretenen Wege verlassen (und kann auch mal in der schlanmigen Ilm landen😉)
    Eine gute Zeit wünsche ich euch und bis bald!
    Liebe Grüße von Andrea und dem „großen Braunen“❣

    Gefällt 2 Personen

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