Schade. Von einem Vinterberg-Film hätte ich mir mehr erwartet.
Zu dünne Story, bescheiden auserzählte Charaktere, unglaubwürdige Entwicklungen in deren Beziehungen.

Komasaufen als Experiment auf angeblich wissenschaftlicher Basis, Katharsis als erhofftes Ergebnis, die dann aber – wen wundert’s? – ausbleibt.
Smirnoff als Schmierstoff – diese Rechnung geht höchstens für ein paar Tollereien, Trällereien und Tanzeinlagen auf, nicht aber für ächzende Seelenscharniere und ausgeleierten Ehealltag.
Die anfängliche Beschwingtheit (der Protagonisten und der Geschichte) mündet in ein hochprozentiges Fiasko.
Wenigstens das, da darf man nicht meckern, war typisch Vinterberg.

Lediglich Mads Mikkelsen, im Film bemerkenswerterweise mit demselben Namen und Beruf ausstaffiert wie mein Ex-Erst-Ehemann (und vermutlich auch ähnlich ausgebrannt, nach zwei Jahrzehnten zehrenden Lehreralltags), rettet dieses Männer-in-der-Midlife-Crisis-Drama über weite Strecken, wenngleich mich seine graumelierte Tolle und die dauerfeuchte Unterlippe ein wenig nervten (hatte er die schon immer?), dafür gab er aber geradezu wundervoll den an allen erdenklichen Mängeln, die in so ein Männerleben hineinpassen, leidenden Ex-Euphoriker und ermatteten Noch-Familienvater, der seine gescheiterten Träume im Rausch ebenso zu ertränken wie wiederzubeleben versucht.

Das eigentliche Highlight dieses Kinoabends verbarg sich anderswo, nämlich zu meinen Füßen.
Dort lag Fräulein Pippa, überwiegend engelsgleich schlummernd, gelegentlich ein Popcörnchen mopsend und nur zweimal kurz knurrend, weil irgendein dänischer Köter meinte, sich auf der Leinwand zu Wort melden zu müssen (gottseidank nur für den Bruchteil einer Sekunde und sehr dezent).

Es war der erste Kinobesuch ihres Hundelebens und sie hat ihre Sache so gut gemacht, dass es nicht der letzte gewesen sein wird.
Muss man halt bei der Filmauswahl drauf achten, dass der Inhalt frei von Kanonen, Katzen oder Kreissägen ist.
(Um kritischen oder interessierten Nachfragen zuvorzukommen:
Nein, die Mitnahme von Hunden ist in Münchner Filmtheatern nicht generell gestattet, und auch in diesem kleinen Kino erlauben Sie’s nur auf Anfrage, nur für kanide Kleinkaliber und nur im kleinen Saal.)
Schön, dass Sie ins Neue Maxim gehen. Ich ging auch sehr gerne ins alte.
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„Muss man halt bei der Filmauswahl drauf achten, dass der Inhalt frei von Kanonen, Katzen oder Kreissägen…“
… oder ☝🏻mit an Briefkästen klappernden Postbot:innen ist. 🙂
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Das wäre mal interessant, liebe Birgit, ob sie darauf mit derselben Ungnade reagiert, wenn es ein Filmbriefkasten ist und nicht der unsere.
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cool, Bordeaux Dogge verteilt sabber auf kinosesseln…;-)……….
hab keine, aber seit scott und huutsch mein traumhund…
lg wolfgang
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Na das Gesabbere auf Kinosesseln sollte doch tunlichst vermieden werden, egal aus welch hübscher Schnauze 😉
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Ich glaube, ich habe einen ganz anderen Film gesehen. Mit gleichem Titel und gleichem Darsteller. Und er war großartig und hat m.E. vollkommen zu Recht den Oscar als bester internationaler, nicht englischsprachiger Film gewonnen.
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Ich glaube, das ist nichts Ungewöhnliches, dass man ein und denselben Film mit ganz unterschiedlichen Augen sieht/empfindet/erlebt.
Inwiefern fandest du ihn denn großartig? Würde mich interessieren…
Liebe Grüße, Natascha
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Ich fand die Balance zwischen fast komischen und dann wieder melancholischen und tragischen Momenten sehr gut gelungen, dazu das offene Ende, das eben vollkommen kitschbefreit daherkommt. Mads Mikkelsen hat brillant gespielt, auch die anderen, aber er ist nun mal noch eine ganz andere Liga. Die liebevolle Art, mit den Figuren umzugehen, sie nicht bloßzustellen oder vorzuführen und doch mit allen Stärken und noch mehr Schwächen zu zeigen, kommt noch dazu. Das hat jeden der vier sehr sympathisch gemacht.
Schließlich noch rein filmisch: Ein „Nachklapp“ aus der Dogma-Zeit mit viel mehr Leichtigkeit.
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Danke für deine Antwort, Lutz!
Ja, ich verstehe. Manche deiner Beobachtungen teile ich auch, allen voran die zu Mads Mikkelsen und dem authentischen Skizzieren der anderen Protagonisten (zutiefst menschlich, alle auf ihre Weise liebenswert, genau!). Ich fand dennoch, die einzelnen Figuren hätten ruhig noch genauer betrachtet werden dürfen, zu vieles blieb mir da zu nebulös und schemenhaft – und manches geradezu unglaubwürdig. Ein paar Gesangs- und Tanzeinlagen weniger und dafür mehr Einblick in diese Männerherzen, das hätte mir mehr gefallen.
Zur Unglaubwürdigkeit: da hat mir zum Beispiel die Darstellung der Beziehungskrise zwischen Martin und Annika gar nicht eingeleuchtet: erst wirkt die Ehefrau positiv überrascht ob seiner Veränderung, dann kommt die Zeltnacht, bei der gewichtige Worte gewechselt werden, kurz drauf hat sie dann plötzlich einen anderen, man trennt sich, bespricht nur noch Fakten und auf einmal, zum Ende hin, dann diese ihre Messages auf sein Handy… – wieder eine krasse Kehrtwende, bei der ich mich fragte, wie das denn auf einmal kommt.
Tja, so offen das Ende auch bleibt – trinkt er weiter? kommen sie wieder zusammen? oder hat er sich bereits durchs Weitertrinken dagegen entschieden? – mir persönlich war das aufrichtige Interesse daran schon einige Zeit vor der Schlussszene mehr und mehr abhanden gekommen.
Dass der Film nicht Partei ergreift für oder gegen den Alkohol, sondern sich bis zum Ende rein deskriptiv verhält, fand ich im Rahmen der Story geschickt und gut gemacht.
Ob mich aber eine Geschichte wirklich ergreift, fesselt, inspiriert (zum Nach- oder Weiterdenken) oder nicht, dazu bedarf es noch ein bisschen mehr (oder anderes) – und da war ich von Vinterberg auch anderes gewöhnt.
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Ja, ich glaub, die hatte er schon immer … also die ewig feuchte Unterlippe, der Mads Mikkelsen, grandioser Schauspieler ohne Zweifel. Aber spätestens, seit ich ihn im „Kommissar Beck“ mit Stina Rautelin tanzen gesehn habe, bin ich Feuer und Flamme für Mikkael Persbrandt!
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Mikael Persbrandt, aber ja doch! 🙂
Natürlich haben die Skandinavier weit mehr zu bieten als Mads Mikkelsen, sogar Modelle ohne feuchte Unterlippen (ich fand ja lange seinen Bruder Lars deutlich attraktiver, erst im Alter – nicht in meinem! – hat sich das umgedreht…)
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