
Zweifelsohne keine Weltliteratur, dieser Romanerstling mit dem Titel „flüchtig“ vom Hubert Achleitner, wie der Goiserer Musiker mit bürgerlichem Namen heißt.
Auf jeden Fall aber mehr als einen flüchtigen Blick wert, und auch zuhörend kann man sich schön hineinvertiefen in diese Geschichte über Maria, die – was bislang üblicherweise eher Männern in der Lebensmitte vorbehalten zu sein schien – eines Tages aufsteht, aus dem Haus geht, vielleicht um Zigaretten zu kaufen oder auch nicht, man erfährt das nicht so genau, jedenfalls aber um nie wieder in das Leben, das sie jahrzehntelang gelebt hat und deshalb für das ihre hielt, zurückzukehren.
Kurz vor ihrem Verschwinden serviert Maria, die wie ich eine gleichermaßen passionierte Pilzsammlerin sowie Pilzverzehrverweigerin ist, ihrem Ehemann Herwig, der vom ihm bevorstehenden Verlassenwerden nicht das Geringste ahnt, ein Pilzrisotto:
Nicht alle Passagen, die der Oberösterreicher mit dem wettergegerbten Gesicht an diesem gelinde gesagt herbstlich anmutenden Augustabend inmitten des schmucken Schwabinger Schlossparks, in den ich noch nie zuvor einen Fuß gesetzt hatte (ja, den ich bis vor kurzem nicht einmal namentlich kannte, weil ich gar nicht wusste, dass dort überhaupt ein kleines Schlösschen existiert), mit seiner wunderbaren Stimme dem mittlerweile gut imprägnierten und outdoorerprobten Pandemiepublikum präsentierte, waren so gut verständlich wie jene, in der es um die Pilzbiographie der Protagonistin ging.
Denn nach einem kühlen ersten Stündchen im Schlosspark setzte leider erneut der Regen ein und prasselte auf all die Ponchos und Parkas um uns herum, auch in der Baumkrone über uns trommelten die Tropfen nur so um die Wette. Komplett vermummt und nach oben hin mit Mütze und Kapuze abgedichtet (die Handschuhe hatte ich einem Anfall von Optimismus unklugerweise zuhause gelassen) hörte man dann selbst in Reihe 3 irgendwann nicht mehr ganz so gut, was vorn auf der Bühne vorgetragen wurde.
Was nicht nur wegen der Story und der Stimme schade war, auch die Moderationen des die Veranstaltung begleitenden Musikjournalisten waren allesamt äußerst hörenswert. Zwischen den vorgelesenen Romanseiten immer wieder kluge Fragen und Anmerkungen, aus denen sich ebenso kluge Dialoge mit dem Autor/Musiker entwickelten, ein Mensch, dessen Schaffen ich seit Jahrzehnten mit Interesse verfolge, dessen Haltung und Ansichten mich nicht zum ersten Male beeindruckten und der mir nach mancher seiner Antworten noch sympathischer wurde als er’s mir eh schon war.
Trotz der vom ihm offen angesprochenen Abneigung gegen Lesungen (die Menschen kommen einem da grausig nahe, und zwar auf ganz andere Art als ein Konzertpublikum, sie rücken einem physisch auf die Pelle, sprechen einen an oder probieren gar, mit einem zu plaudern – puh!) nach der verregneten Veranstaltung am zeltüberdachten Büchertisch die Gelegenheit, das mitgenommene Romanexemplar aus dem pitschnassen Rucksack herauszufummeln (die das Buch umhüllende Plastiktüte wirklich eine Top-Idee, die den Faux-Pas mit den daheimgelassenen Handschuhen locker wettmachte!) und es sich signieren bzw. mit einer Widmung versehen zu lassen.

Der Sommer ist vorbei. Erst recht der Bergsommer. Auf der Zugspitze steht Generation Gipfelselfie jetzt nicht mehr Schlange, die Webcam zeigt morgens zwei Männer in Orange, wie sie mit einer farblich passenden Schneefräse die dick eingeschneite Aussichtsplattform bearbeiten.
Was bin ich froh und dankbar, dass ich meine Tour neulich noch im T-Shirt und auch sonst bei traumhaften Bedingungen machen konnte.
Der Spätsommer wird womöglich – so wie auch schon der Frühsommer – in diesem Jahr ausfallen.
In der Lindenallee vor dem Haus purzeln die ersten Blätter auf die nach und nach aus den Ferien zurückkehrenden Wohnmobilmonster und Campervans, die einem den Blick auf die zwischenzeitlich wieder länger werdenden Schlangen vor den beiden großen Corona-Test-Zelten auf der Theresienwiese verstellen. Immerhin, der pandemieleugnende Merkel-muss-weg-Nachbar ist nun seinerseits weg, und zwar für immer. Hurra. Ausgewandert nach Kambodscha. Beim Servussagen stolz darauf hinweisend, dass er die dort nach Einreise vorgeschriebene Quarantäne für Ungeimpfte natürlich clever zu umgehen wüsste.
Der Herbst ist also da, die Seuche sowieso bzw. immer noch. Der Pegel der Inzidenzen steigt mal wieder, der Pegel der Isar zum ichweißnichtwievielten Mal in diesem Jahr ebenso, überall wird vor irgendwas gewarnt. Söder schafft, wenn er sich nicht gerade mit Habeck schattenkanzlermäßig duelliert, in Bayern demnächst die FFP2-Maskenpflicht ab, ich werde noch nachlesen, wieso das auf einmal schlau sein soll.
Die ersten Großstädte wechseln vom 3G- zum 2G-Modell, und es ist davon auszugehen, dass man in Innenräumen bald weitgehend unter sich sein wird, die einen wie auch die anderen.
Die Freundin aus Berlin kommt spontan zu Besuch und zum ersten Mal seit Jahren bin ich (wie sagte man früher doch gleich dazu?) im Nachtleben versumpft.
K. hat noch nie einen Mai Tai getrunken, also bestellen wir jede einen. Beim ersten Schluck erinnere mich sofort wieder daran, wie gern ich dieses Gesöff früher mal mochte und überlege, wie lange früher nun eigentlich her ist. Finde zu dieser späten Stunde keine Antwort darauf und belasse es bei dem rumgetränkten Resümee, dass später früher auch schon mal später war und es bei Licht betrachtet ja jetzt noch recht früh ist, wenngleich die Bar, in der wir gelandet sind, im Kerzenschein nicht gerade als hell be- oder erleuchtet durchgeht, genau wie diese meine Gedanken.
Im strömenden Regen schwanken wir durch die dunklen Straßen heimwärts, die gemeinsamen Stunden so dicht (bitte sparen Sie sich an der Stelle schlichte Sprachwitzchen), dass man ihnen eine Depotwirkung attestieren möchte, die dazu beitragen möge, den einen oder anderen seelischen Schlechtwettertag in nächster Zeit etwas besser wegzustecken.
Vielen Dank für den „seelischen Schlechtwettertag“ und einen guten Wochenstart bei möglichst gutem Wetter, seelisch wie meteorologisch!
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Habe meinerseits zu danken, für die „textile Nachlässigkeit“, und wünsche Ihnen ebenfalls eine angenehme Woche!
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Einige Lieder gehen ja noch, aber andere sind nur noch grausam. Am besten kommt er für mich noch an der Seite von Martina Gedeck in den Film „Hölleisengretl“ weg. Das Buch von dem Schriftsteller Achleitner werde ich aber bestimmt nicht zur Hand nehmen.
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Mir gefallen manche Lieder sehr, andere sind mir hingegen zu volkstümlich oder aufgekratzt und mit seiner „Weltmusik“-Phase konnte ich gar nichts anfangen. Seine Stimme mag ich, und was er sonst so von sich gibt, war mir immer sehr sympathisch.
Den Roman sehe ich nicht als Beitrag zum Kanon der „großen Literatur“ und abgesehen davon sind Text und Ton ja – wie so vieles andere auch – immer eine Frage des persönlichen Geschmacks.
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