Gefreut Gelaufen Gestaunt

Auf einen Kaiserschmarrn mit Cacatua alba.

Immer dieser Terror bezüglich des wahrscheinlich allerletzten schönen und sonnigen Herbsttages!
Schon morgens im Radio (das ich nur einschalte, während ich die Küche aufräume, weil mich das viele Gelaber zwischen dem Gedudel schnell nervt) wird man von aufgekratzten Moderatoren angeplärrt, dass man ihn unbedingt nutzen solle, diesen letzten sensationellen Herbsttag, am Alpenrand hätte es nochmal 23 Grad und einen Föhn, dass es einen nur so hinwegfegen würde vor lauter Weitsicht.

Dummerweise bin ich ausgesprochen anfällig für derlei Hinweise und Ermahnungen und so begab es sich, dass ich zur Mittagsstunde den Griffel fallen ließ, vom Schreibtisch aufstand, das Fräulein und die Wanderschuhe ins Auto packte und „ein Stück rausfuhr“, wie man hier so sagt (und womit man meistens meint: gen Süden).

Im Lieblingsort angekommen erst ein Stück im Tal gelaufen, dann aber doch noch hinauf, weil die meisten kommen ja um die Zeit schon wieder runter vom Berg, also dürfte es, bis wir oben sind, dort allmählich leerer werden.

Die Farbenpracht allein ja schon eine Wucht, auch ganz ohne Fernsicht. Wegen der 22 Grad nach kurzer Strecke die lange Hose gegen die Shorts eingetauscht und leicht behost und fröhlich weitergeschwitzt und -gewandert.

Unterwegs erst an die Brandenburger Freundin gedacht, mit der man im ersten Coronaspätsommer, als alle das Gefühl (oder auch nur die naive Hoffnung) hatten, es sei jetzt wohl so ziemlich vorbei mit der Pandemie, mal hier wanderte.

Für B.

Später dran denken müssen, dass das Wetter vor genau einem Jahr, rund um den Geburtstag des Papas, dieselben Kapriolen schlug und wir damals, als wir ein Tal weiter auch eine solche allerletzte Sonnentagherbsttour unternahmen, Mario Gómez auf der Terasse einer Berghütte trafen.

Heute trafen wir Sarah.
Sie saß zunächst ganz diskret direkt neben uns auf der Hüttenterrasse. Erst als sie sich an ihrem Kaiserschmarrn zu schaffen machte, fiel sie mir auf, dann aber konnte ich den Blick nicht mehr von ihr wenden.
Auf meine Wenigkeit hingegen wurde Sarah erst aufmerksam, als der Hüttenwirt, mein ehemaliger „Chef für ein Wochenende“, mir eine Kinderportion Kaiserschmarrn zu meinem Weißbier spendierte. Da schielte sie, obgleich noch intensiv mit ihrer Mehlspeise beschäftigt, plötzlich (neu)gierig zu mir herüber. „Hallo, hallo„, krächzte sie schließlich – und mir fiel vor lauter Rührung fast die Gabel aus der Hand.

Ihr Begleiter war nicht nur nett, sondern auch auskunftsfreudig, und so konnte ich in der folgenden Stunde alles über Sarah erfahren, was ich schon immer mal über Weißhaubenkakadus erfahren wollte. Das wussten Sie vielleicht noch nicht von mir: neben Bergen, Schwimmen, Dackeltieren, Streuselkuchen und Bruce Springsteen Musik habe ich noch eine weitere große Leidenschaft: Papageien!

Und ich muss sagen: Wenn ich künftig die Wahl hätte, wen von den beiden ich an einem dieser wahrscheinlich allerletzten schönen und sonnigen Herbsttage lieber auf einer Berghütte treffen möchte, dann fiele die Entscheidung ganz klar gegen Mario Gómez aus, obwohl der, wie der Gatte mich prompt aufklärte, sogar ein gar nicht so entfernter Verwandter von Sarah ist.

Ach ja, die Fernsicht war heute vermutlich wirklich grandios, aber ich konnte mich dem Panorama erst zuwenden, als die Kakadu-Dame und ihr Herrchen wieder aufs Radl stiegen und talwärts sausten.

Und da war der Föhn bereits ein bisserl zusammengebrochen und die Alpenkette schon von den typischen Linsenwolken umfangen.

9 Kommentare zu “Auf einen Kaiserschmarrn mit Cacatua alba.

  1. oh, welch eine schöne weiße cacatua!
    danke für wort und bild(er)!

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  2. B. denkt mit Freude an diesen schönen herbstlichen Blick und die gemeinsame Wanderung, gerade jetzt, wo sie in der morgendlich vollen S-Bahn sitzt…. 🥳

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  3. Ein leeres Weißbierglas, auch wenn es mit Murnau an Deinen letzten Beitrag anknüpft, hat zu Recht den Namen ‚Karg‘ verdient…

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  4. Eine meiner Leidenschaften sind auch die Papageien. So liebe ich Graupapageien wegen der Neigung dieser Freunde zum Quatschen und Quatsch machen. Am Forellenhof in Fischen (Allgäu) lebt Maja – sie liebt es beim Anblick von LKWs das Geräusch des Rückfahrt-Warnsignals zu imitieren.

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    • Verstehe ich gut!
      Hätte ich die Zeit und den Platz gehabt, hätte ich mir schon während des Studiums einen Graupapagei zugelegt. Jetzt bin ich leider zu alt für so einen Mitbewohner.

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  5. Pingback: See the trees lose their green and now they’re coloured. – Kraulquappe

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