
„Mir ist so eng in der Brust zumute“ , sage ich mit etwas verknoteter Stimme zum Gatten, als ich morgens die Wohnung verlasse.
Er versteht das, gottseidank – und wünscht mir alsbald etwas Weite.
Manches gäbe es zu sagen dieser Tage, jedoch ist mir der Hals oft wie zugeschnürt. Hinter der Schlinge sortiert es sich, ab und an kann ich sogar ein ansehnlich zugeschnürtes Päckchen abwerfen, teils mit Beschriftung drauf, so dass man nachher auch weiß, wo das abzulegen ist, teils nur mit einem losen Schleifchen drum, das die Schnitze eher notdürftig zusammenhält.
Die Finger liegen müde und klamm auf der Tastatur. So vieles, das aus ihnen herausfließen möchte, doch so wenig Raum und Ruhe.
Zum Teil selbstverschuldet, natürlich. Was will man denn auch machen, wenn einen Geschichten und Gesichter so fesseln, dass man nicht mehr davon wegkommt und wenn einem alles so nachgeht und so nahegeht, dass man mit dem Verarbeiten und Verwinden kaum noch hinterherkommt?

Die Beschreibung der Details verkneife ich mir mal, weil ich meiner eigenen Rührstücke überdrüssig bin, zumindest heute.
Dieser lichte Tag da draußen als krasser Kontrast zu dem dunklen Knäuel da drinnen.



Das Fräulein und ich gehen in völligem Frieden vor uns hin. Hinauf, herum und hinüber. Ohne Grübeln, dafür mit Grödeln.
Kein Mensch weit und breit. Nur zwei Frauen mit einem Pudelmix treffen wir unterwegs. Ihre Hündin ist 12, man tauscht sich ein bisschen aus, wie das so ist, wenn sie älter werden, die kleinen Gefährten. Als hätten sie’s gehört und als wollten sie dem Gesagten trotzen, fegen die beiden Damen durch den Tiefschnee und jagen einander ausgelassen durch das ewige Heute ihrer Hundeleben.
Ganz beglückt stehen wir da, schweigen und schauen ihnen zu.
Die einzige Einkehr auf der Strecke bietet montags ein Panorama, das einem an Wochenenden und in Ferienzeiten vor lauter Leuten in dieser Pracht leider verborgen bleibt.

Ich denke an A. & W., wie wir hier saßen und uns kaputtlachten, weil die 50er-Sonnencreme, die ich mir da heroben ins Gesicht geschmiert hatte, eine so zähe Pampe war, dass ich anschließend aussah wie der Brandauer als Mephisto.
B. schicke ich ein Video von hier oben, weil sie diesen Ort ebenfalls mochte und ich schon ewig nichts mehr von mir habe hören lassen, so wie ich ja gerade fast nirgends mehr viel von mir hören lasse, was mir leid tut und doch derzeit nicht anders geht.
Und ich erinnere mich an den warmen Wintertag mit D., als wir hier mutterseelenallein ein fürstliches Picknick veranstalteten und uns das Fräulein den Käse zu klauen versuchte.






Beim Hinuntergehen ist die Enge in der Brust vorübergehend verschwunden. Eine Strophe aus einem Liedtext fällt mir ein, das Atmen fällt leichter – und lästiges Denken fällt zugunsten leisen Singens gänzlich aus.
In between love and trying to scheme love
Who can tell what we may find
Für mich ist und bleibt er einer der Allergrößten und -besten und -tiefsten. Ein Herzensbrecher der Halbwelt, ein kunstvoller Katastrophenklempner, ein gnadenloser Gefühlsgärtner zudem, der die Abgründe von Alltag und Affekten zu durchpflügen versteht wie kaum einer sonst.
In diesen Klängen empfinde ich ebenso viel Heimat wie beim Anblick des kleinen Hundes und des großen Wettersteingebirges.
Never thought that love could be so easy.
Ja, genau.

Und B. hat sich wie Bolle über dieses Video gefreut, weil sie sofort Weite in der Brust fühlte. So schön sieht es also im Winter aus…😄❄
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Dann stand B. ja in dem Fall für Bolle, das freut mich (Balustrade hin oder her).
Ja, auch im Winter ist es da oben schön!
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Schöne Fotos von ihr und feiner Song von ihm … HG vom Lu
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Dankedanke, Lu 🙂
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Was genau ist Grödeln?
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Bei Grödeln handelt es sich leider nicht um ein Amalgam aus Grübeln und Rödeln, sondern um eine Variante leichter Steigeisen (so ein Kettengeflecht mit Zacken dran, die man über die Sohle des Bergstiefels spannt, um auf schneebedeckten Wegen besser gehen zu können).
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Es gibt nichts Ergreifenderes im Leben, als „Heimat“, getragen von Liebe und einem dazu passenden Song, vor einer herrlichen Naturkulisse und mit einem treuen Weggefährten erfahren zu dürfen … Wow … oder hier besser: „Wau!“
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Dein Mephistogesicht – unvergessen 😉 Gerade heute habe ich an unsere gemeinsame Wanderung gedacht, da das Thema „umziehen“ bei meinen Eltern eventuell aktueller werden könnte. „Warum sind wir damals eigentlich von Penzberg nach Salzgitter gezogen?“ fragte mein Vater, und ich gab ihm daraufhin meinen Blogbeitrag über meinen „Heimaturlaub“ in Oberbayern zu lesen. Den Eckbauer hat er auf dem Foto sofort erkannt. Liebe Grüße aus dem täglichen Grau in Grau des norddeutschen Winters (ich habe mir nun eine Tageslichtlampe für ein wenig Vitamin D gekauft). Genieß das Licht und den Schnee und die Stille ein wenig für mich mit! Deine Andrea
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ich lese sehr gern bei Dir, und mag meistens Deine Songs des Tages…
ich mag das Projekt ‚Fortuna Ehrenfeld’…
vieleicht ist das hier ein song für dich…
vorhin wieder gehört…
Fortuna Ehrenfeld – Hundeherzhttps://www.youtube.com/watch?v=AxktG7GLZgg
lg wolfgang
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Lieber Wolfgang,
vielen lieben Dank für deinen Kommentar und den YouTube-Link, gefällt mir!
Viele Grüße
Natascha
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