Lilla My & me (müde).

Schlechter Schlaf ist eine Pest und wilde Träume sind auf Dauer besser zu verkraften, wenn sie eingebettet in einigermaßen erholsame Nächte stattfinden. Ich träume von Annalena Baerbock, die mich optisch an die intrigante Kollegin erinnert, deretwegen unser Team damals auseinanderbrach, ich träume von Schiffspassagen nach Schweden, um die Freundin dort abzuholen, und ich träume von Männern, denen ich hemmungsfrei sage, ihre Frauen sähen aus wie Schweinebraten mit Knödel, womit ich meine: fettglänzend, feist, schwer verdaulich, vor allem charakterlich, und ich träume davon, wie das Fräulein auf einem Berggrat einem Tennisball hinterherjagt und dabei vom Weg abkommt und 2000 Meter in die Tiefe stürzt (ich sehe sie eine gefühlte Ewigkeit lang hinuntersegeln und unten wundersamerweise auf einem Menschen landen, der genau dort zufällig hingefallen ist und ihr auf seinem Bauch eine weichere Landung ermöglicht als der steinige Boden es vermocht hätte).

Der Schweinebratentraum ist die Nachwirkung einer Familienfeier Ende Juni, mit bayrischer Kost zur viel zu frühen Mittagszeit: die Gefährtin des Papas lud zu ihrem 80. ein. Lauter laute Leute, die nicht vom Land kommen, aber so tun als ob, indem sie Pseudobayrisch palavern und Trachtenfasching spielen. Furchtbar und auch absurd, denn wie der Gatte anmerkt, hat eigentlich niemand so recht Lust auf diese Veranstaltung, nicht mal die Jubilarin selbst, und trotzdem wird die Feier durchgezogen. Meine Blogvertraute G. und ich überlegen derzeit, uns vielleicht gemeinsam solche Themen schreibenderweise vorzuknöpfen: diesen beachtlichen Berg an bayrischen Beobachtungen mal anzugehen (und abzutragen).

Der letztgenannte Traum entspringt der ewig gleichen Urangst, dem Hündchen könne etwas zustoßen, die sich nun träumenderweise in neuen Schattierungen äußert, seit das Hündchen nun ganz real angefahren wurde (es ist diese irre Plötzlichkeit eines Unfalls, die einen so aus der Bahn haut, dieses Drauf-Hingewiesen-Werden auf eine Tatsache, die man sonst lieber verdrängt: alles ist vergänglich, weder Gesundheit noch den aufrechten Gang noch die unversehrte Psyche hat man auf Dauer gepachtet und wie lang unsere Zeit auf der Bühne dieses Erdentheaters währt, steht nunmal in den Sternen oder ggf. halt auch auf einer Stoßstange).

Badgastein wirkt noch insofern nach als die Maschen des Nervenkostüms dort etwas nachgezogen wurden, das Gemütsgewebe also jetzt wieder ein strafferes ist als vorher. Trotzdem ist das mit dem Urlaub und dem Alltag nicht so, wie viele sich das erträumen: dass die Erholungszeit nachhaltig nachwirkt, gar dass man sie mitnehmen könne nachhause und in den Alltag. Was für ein Unsinn, denn man kann prinzipiell (weder innerlich noch äußerlich) nichts mitnehmen, das man 9 Tage lang anderswo erlebt und genossen hat, höchstens vielleicht etwas Bergbräune oder Almkäse, ansonsten aber bleibt alles dort, wo es war (was natürlich auch umgekehrt gilt: kein Mensch nimmt den heimischen Alltag an den Urlaubsort mit).

Das Einzige, das allüberall mit von der Partie ist, ist man selbst, und freilich tut es wohl (und oft auch Not), sich bisweilen in einen anderen Kontext zu begeben, sei es für einen Abend ins Theater, ein paar Stunden in die Flüchtlingsunterkunft, einen Tag in die Berge oder eine Woche oder zwei auf Pressereise oder in den Urlaub. Man guckt dann mal anderswo aus der Wäsche und aus sich heraus und um sich herum, was manchmal sogar neue Perspektiven eröffnet und sei es nur jene, dass man feststellt: Ja da schau her, alter Falter, jetzt bist amal woanders und fühlst dich sogar a bissl anders!

Letztlich ist’s eine Frage der Atmosphären, die einen umgeben oder mit denen man sich umgibt: schwimmend fühle ich mich fast immer leicht, stehend hingegen eher schwer, auf der Alm atme ich freier durch als in der Arztpraxis kurz vor der Blutabnahme. Und so sehr ich das Gasteinertal und seine Ruhe vermisse, sobald ich wieder im Getöse der Großstadt eingetroffen bin, so sehr würde ich auch die Vielfalt der Großstadt vermissen, wenn ich auf ewig in so einem Bergtal kaserniert wäre.

Die Phänomene Urlaub und Reisen stehen auch schon auf der Liste der zu verarztenden Themen, an der G. und ich herumbasteln. Nach frühmorgendlicher Lektüre eines philosophischen Essays füge ich heute noch den Geschehniszwang zu dieser Sammlung hinzu (allein der Begriff begeistert mich, und das damit Bezeichnete erregt schon so lange meinen Unmut, dass ich ad hoc bestimmt sieben Seiten meines kleinen Notizbuches mit Stichworten dazu füllen könnte).

Im Übrigen möchte ich mein zweites halbes Jahrhundert, in das ich mich morgen aufmache, unbedingt auch dafür nutzen, noch etliche Eimer meines Privatprosavorrats auszuschütten (zumindest einige der bislang ungeschriebenen Geschichten sollen doch mal verschriftlicht und/oder veröffentlicht werden) und gebe weiterhin die Hoffnung nicht auf, dass eines schönen Nachmittags in einem meiner drei Lieblingscafés der graumelierte, bebrillte und unfassbar klug dreiblickende Verleger am Nebentisch sitzt, der mich auf den hübschen Einband meines Notizbuches anspricht oder aber sich interessiert erkundigt, was es mit dem Stapel an einzelnen Zeitungsseiten auf sich hat, die stets neben meinem Kuchenteller liegen, wurscht, jedenfalls spricht er mich an und ich spreche zurück und es ergibt sich ein wunderbares Gespräch draus, das die Initialzündung ist für eine langfristige, inspirierende und zufriedenstellende Zusammenarbeit.

Bis dahin blogge ich weiter (bei der Gelegenheit: danke Ihnen, dass Sie hier so treu lesen), erwäge alternative Wohn- und Wohlergehensentwürfe (weniger Quadratmeter, weniger Habseligkeiten, weniger Verpflichtungen), verschließe hartnäckig die Augen vor Themen wie Altersarmut oder Was-man-so-alles-für-grauslige-Gebrechen-bekommen-könnte (sieht man dann schon, wenn’s soweit ist), betrauere die touristische Vernutzung der Alpen als Freizeitraum für Hinz und Kunz (mein Plädoyer: alle Pisten und Bergbahnen sofort dicht machen, mountainbikerfreie Tage einführen, den Berg fortan mit Ehrfurcht betrachten und wie eine Majestät behandeln und nicht als Sportgerät und Austobzone missbrauchen), verzweifle gelegentlich an der Beschränktheit und Borniertheit der Leute (zu denen ich mich freilich auch zähle, halt eher im Sinne einer etwas exquisiteren und nicht ganz so leutigen Randgruppe), versuche mich in Demut zu üben angesichts der Tatsache, dass es im Lieblingsbad, das Luxus pur ist (sowieso und erst recht in Zeiten wie diesen) seit etlichen Wochen merklich kühler geworden ist (und damit zu rechnen ist, dass im September erstmal wieder für längere Zeit Schluss ist mit Schwimmen), ertrage mit einer Mischung aus Grant und Gleichmut die diversen Fisimatenten des Fruchtbarkeitsfinales (dazu mag ich nix ergänzend einklammern) und kümmere mich ansonsten mit größtmöglicher Geduld und Hingabe um meine Lieben, zu denen ich nicht nur den Gatten (seit fünf Tagen orthesefrei) und das Dackelfräulein (in fünf Tagen wieder bei der Tierärztin) zähle, sondern auch den Papa, die Freundinnen und Freunde (und ein paar weitere Wegbegleiter, die ich nicht missen möchte).

Sofern ich morgen in der Stimmung sein sollte, gibt’s hier vielleicht ein Jubiläumsbild, falls nicht, so dürfte auch diese kleine Galerie aus den letzten Wochen genügen, um glaubhaft zu belegen, dass es uns soweit gut geht bzw. wir zumindest darum bemüht sind.

8 Kommentare zu “Ohne Geschehniszwang.

  1. jetzt gilt’s schon, oder?!
    also: auf jeden fall mindestens vierstimmig ein allerherzlichstes happy birthday mit schwung und schmackes, gloria, glanz und feinstem goldrand to YOU, liebe kraulquappe!
    alles gute zum geburtstag❣️🍀🐞🌈🌞💕

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  2. „Happy birthday to you, zum Geburtstag viel Glück,
    happy birthday, Natascha, zum Geburtstag viel Glück!“
    Alle guten Wünsche für Gesundheit und Wohlergehen, einen frohen Festtag im Kreise Deiner Lieben
    und ein gutes neues Lebensjahr.
    Bei dieser Gelegenheit vielen Dank für Deine geteilte Bilder- und Gedankenwelt im Blog.
    Herzliche Grüße
    Bernd

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  3. Ich lese deine Texte wirklich SEHR gerne und genieße deine feinen Bilder von der Natur, Pippa und dir. Ich hoffe, es geht ihr inzwischen wieder bestens??
    Und dir natürlich alles GUTE zum runden!!
    LG vom Lu

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  4. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und alles Gute für die nächsten 50 😉

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  5. Alles Gute – das Gute ist nach diesem Tag geht es einfach nahtlos weiter. Ein Foto der bayerischen Mahlzeit fehlt mir. Auf die neuen Betrachtungen bin ich gespannt.

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  6. Ganz zwanglose, dafür aber herzliche Glückwünsche zum Runden … alles Gute, viel Freude und viele unvergeßliche Momente für die nächsten 50 – und viel Spaß dann bei der Radl-Tour!
    Es gratuliert herzlichst
    Commentatore Spike

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  7. Ahoi und maritime Glückwünsche von der Elbe! Werde Dir zu Ehren heute ein paar Bahnen schwimmen 🎁

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  8. frau frogg

    Nun stellt sich heraus, was ich für eine grottenschlechte Mitbloggerin bin – mein Glückwunsch zum neuen Lebensjahr kommt mehr als eine Woche zu spät. Ich habe eine gute Entschuldigung, nennen wir es „Unpässlichkeit“, und Du hast eine ungefähre Vorstellung, was gemeint sein könnte. Immerhin kann ich Erfahrung mit dem Runden vorweisen und nur betonen: Geniess, wenn Du kannst, jede Minute, denk nicht zu viel (es ist, wie Du sagst, unsinnig). Ich persönlich hatte sehr gute Vorbilder im Älterwerden. Meine Grossmutter war eine Dame, die in Majestät alterte (ich lernte sie kennen, als sie etwa gleich alt war wie Du jetzt) und immer weniger Blätter vor den Mund nahm und gerne und farbig berichtete, was für ein aufregendes Leben sie gehabt und was sie alles durchgestanden hatte. Mach’s gut, liebe Kraulquappe, Du noch junge Schwester der ausgewachsenen Fröschin 🙂

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