Sieben Monate keinen Beitrag mehr aus dem Himmel der Bayern!?
Nach etlichen kleineren und größeren Höllenritten wird es allerhöchste Zeit für ein paar Himmelstouren, diese Serie soll schließlich nicht einschlafen.

Endlich richtig Winter in Bayern!
Kilometerlange Schneetrampelpfade, durch die das Fräulein sich bergan fräsen kann. Und ich schnaufe hinterher, bei leidlicher Gesundheit, aber wir wollen nicht klagen, die Hauptsache ist, dass die Dackeldame wieder fit und fröhlich ist.












Wenn wir einen Rodel- oder Skihang queren, flitzen die Geschosse mit kratzenden Kufen an uns vorbei. Unten auf der Straße wäre das unfalltraumabedingt nach wie vor ein kleines Problem – doch hier heroben lässt sich der kleine Hund von nichts aus der Ruhe bringen.

Ein wenig lästig lediglich: alle naslang wird die warme Winterweste im Selenskyj-Style kommentiert. Das ist neu, klar, weil ja auch die Weste neu ist, alle anderen Kommentare sind hingegen altbekannt:
– „Ja, wen haben wir denn da?“
– „Wie kommt der denn hier hoch mit seinen kurzen Beinchen?“
– „Mei, der ist aber noch arg jung, gell?“
Wenn ich gesprächig bin, was in den Bergen eher selten der Fall ist, sage ich:
– „Das ist die Pippa.“
– „Mit ihren Naturgrödeln.“
– „Nein, sie ist schon 11.“
Sollte der Schneesmalltalk in die zweite Runde gehen, was freilich alles andere als wünschenswert ist, sich bisweilen aber nicht vermeiden lässt (und im Fall der Altersnennung nahezu immer geschieht), wird entweder der Name nicht verstanden oder mit falscher Betonung wiederholt (Pepper, Peppa, Pieper, Piepa, sehr lustig übrigens auch die sächsische oder österreichische Variante: Bebba und Bibba) oder sich vor Lachen gebogen („Naturgrödeln, hihihi, ja gell, solche Spikes müsste man haben, hahaha!“) oder wahnsinnig gestaunt („Boah, echt, auch Senioren schaffen es noch in solche Höhen?“).
Manchmal kommt auch die Anmerkung: „Ah, das ist eine SIE, naja, sieht man halt nicht gleich, tiefergelegt wie sie ist, kicherkicher!“
An Tagen ungeahnter Gutlaunigkeit pariere ich diesen Wahnsinnswitz mit: „Ja natürlich eine SIE, weil EIN Mann daheim genügt schließlich völlig.“
Dann: Riesengelächter. Vor allem, wenn man es mit einem Paar zu tun hat. Und ganz besonders, wenn es das Paar schon länger miteinander zu tun hat.
(Manche Menschen sind so leicht zu erheitern, dass man ihnen den Gefallen ja einfach mal tun kann, bitte denken Sie jetzt bloß nicht, das Obige sei mein Humor – es ist nichts weiter als eine winzige Portion Philantrophie.)
Ein bisschen ist es mir gelungen, die Reha-Wochen des Gatten auch für mich als Rehabilitation zu nutzen. Wie fertig man eigentlich war oder ist, wird physisch wie psychisch oft erst begreifbar, wenn mal eine nennenswert lange Pause vom Fertigsein eintritt (man sollte dann nur nicht den Fehler machen, gleich zu denken, man sei jetzt fertig damit).
Seit es sich ausgehustet hat, macht nicht nur das Rausgehen wieder größere Freude, sondern auch das Schwimmen. Das Lungenvolumen passt wieder zum Bewegungsablauf, es ist ein Vorankommen, ein Aufatmen, ein Leichtgefühl zu verzeichnen – wie beglückend das doch ist.
Allmählich habe ich die besten (= wenig frequentierten) Zeiten in diesem Mega-Becken herausgefunden, gänzlich andere als die, an die ich seit Jahren im Lieblingsbad gewöhnt war. Hält einen flexibel, diese kleinen Änderungen in den Alltagsgewohnheiten, durfte ich in 2022 schon ausgiebig trainieren, solche Anpassungsleistungen.



Ein Training ganz anderer Art erwartet mich in den drei Tagen, die ich am Tegernsee verbringe. Der Papa hat sich nun doch von der Lebensgefährtin überzeugen überreden überrumpeln lassen und ist jetzt Smartphonebesitzer. Ein Seniorenhandy, mit extra großen Symbolen und Tasten, seit Weihnachten liegt das Ding schon herum. Mehrmals die Woche rief er an und quengelte, ich solle ihn endlich besuchen und ihm dieses Gerät, dem er sich seit Jahren standhaft verweigert hatte, doch bitte einrichten und erklären. Also gut.
Dreimal sitzen wir dann jeweils für zweistündige Unterweisungen zusammen, er will wirklich was wissen und lernen, und als er seine erste Nachricht mit Bildanhang versenden kann, strahlt er sein neues Smartphone an wie sonst nur ein Stück Schokosahnetorte. Na sowas.
Damit beginnt eine neue Ära für uns. Ich schicke ihm von der Bergtour ein Video vom Dackelfräulein und er antwortet prompt, das sei aber nicht der übliche Winterwanderweg auf den Wallberg, den wir da gingen, sondern ein Nebenpfad, und wir sollten bloß aufpassen bei dem Schnee.
Natürlich würde er niemals einen Satz dieser Länge in das mobile Datengerät eintippen können, der mich auch noch während der Wanderung erreichen würde. In echt lautete die Botschaft: „Wo lauft ihr denn. das ist nicht der Hauptweg. aufpassen. Schnee!“
So ist er früher häufig gewesen, der Papa. Und auf wehmütige Weise tut es gut, ihn nochmal so zu erleben. Sind ja ohnehin nur kurze Momente, meist ist er gefangen in seinem schrumpfenden Radius oder so schläfrig von den Medikamenten, dass er diesen kaum noch als geschrumpft wahrnimmt.
Apropos Schlaf: Meine persönliche Reha-Sensation ist, dass ich seit drei Wochen wieder schlafen kann. Mehrere Stunden am Stück, und lange genug, um mich morgens sowas Ähnliches wie erholt zu fühlen. Ich hatte komplett vergessen, was für einen Unterschied das macht, im Kopf und im Körper.
Nach einem Jahr fast durchgehend gestörter oder gar nicht vorhandener Nachtruhe ein wahrer Segen.
Ein paar weitere kleine Segen:
- nach Jahren des Vormirherschiebens taue ich endlich den völlig vereisten Gefrierschrank ab, den Kühlschrank ebenso, eine Aktion, die Fundstücke zutage fördert, von denen hier aus Gründen der Hygiene nicht die Rede sein soll
- die Hagebuttenkrapfensaison ist dieses Jahr von mehr Kontinuität gekrönt als je zuvor, ich erwische beim Konditor meines Vertrauens nun oft auch noch zur Mittagszeit ein Exemplar, manchmal sogar zwei
- Lolek war mittlerweile auch da, wie immer auf die Minute pünktlich, gut gelaunt und auf alles vorbereitet, was im Rahmen seines Auftrags schiefgehen könnte: vier Stunden später sind die neue Spüle und Dunstabzugshaube eingebaut, weitere vier Stunden später die Küchenschränke eingeräumt und der ganze Aus- und Einbaudreck weggeputzt (nun gut, Letzteres war nicht Loleks Werk)
- der Papa spendiert zum Dank für die Smartphoneeinweisung einen Abend im Tegernseer Saunaschiff (das ist eigentlich mehr Wärme als grad erlaubt ist), einfach mal Dasitzen und Geradeausgucken (das Fräulein derweil vom Papa batreut), das reinste Luxusschwitzen, mit Seeblick und Abkühlen im 2 Grad kalten Wasser (der Trend zur Eisschwimmerei ist mir unbegreiflich)



Zwei Beschlüsse habe ich für dieses Jahr gefasst.
Der eine: Ich versuche, nach und nach die Sachen zu verwirklichen, die ich schon seit 15 Jahren (oder noch länger) machen möchte und aus irgendwelchen Gründen (teils sogar handfesten) bislang nicht getan habe.
Den anderen verrate ich eventuell bei Gelegenheit, seine Anfangserschütterungen verbannen ihn derzeit noch in die Zone der Nichtmitteilbarkeit.
Spätestens seit der Maximilian Brückner den Boandlkramer im „Brandner Kaspar“ spielt, möchte ich das Stück im Volkstheater sehen. Immer ausverkauft. Oder unpassender Tag. Oder oder oder.
Nach 18 Jahren – bemerkenswerterweise exakt die Zeitspanne, die der Brandner Kaspar in seiner tiefen Sehnsucht, den Tod zu bescheißen, dem Boandlkramer als Verlängerung aus den Rippen leiern kann – nun Glück gehabt, der netten Omi an der Theaterkasse sei Dank. „Kommen’S einfach abends 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn und möglichst allein, momentan san so viele krank, dass da immer wer rumsteht und a Kartn loswerden will.“
Stimmt. Und wenn man ein bisserl handelt, sogar zum halben Preis. So sitze ich schließlich selig in Reihe 3 und schau ihn mir endlich an, den „Jedermann“ der Münchner.
Ganz berauscht von dem Wahnsinnsstück und seinen Schauspielern schwebe ich anschließend heim und bin noch tagelang hin und weg (wie schaffen das nur manche, dreimal die Woche Theater/Kino/Oper/Konzert & Co. zu besuchen? wie verarbeiten die das? wie geht das?).


Wenn Sie mehr wissen wollen und ein Viertelstündchen übrig haben, gucken Sie sich diesen Beitrag aus dem Regionalmagazin des BR an und sehen Sie dabei geflissentlich über die Tegernseer Touri-Tante Sonja S. hinweg, deren Artikulation und Gegrinse ebenso enervierend ist wie die Tatsache, dass sie nicht mal den Rassenamen ihres Hundes korrekt aussprechen kann – konzentrieren Sie sich stattdessen auf den wunderbaren Dialekt und das gewinnende Lachen vom Brückner und natürlich auf die Auszüge aus dem Theaterstück selbst:
Ansonsten waren wir viel daheim im Januar.
Dort steht momentan der Ali hoch im Kurs. Das Fräulein hat diesen etwas labbrigen und mit seltsamem Knisterzeugs gefüllten Alpakamann zum Geburtstag geschenkt bekommen und ist erwartungsgemäß extrem begeistert von dem knuffigen Knaben.
Es ist schön, dass sich der Gatte nach vierwöchiger Abwesenheit nun auch wieder aktiv an der Ali-Front einbringen kann, denn offen gestanden bin ich nach diesen intensiven Wochen als Alleinerziehende ziemlich müde geknistert – obwohl ich jetzt wieder besser schlafe.


😍😍😍
LikeGefällt 1 Person
Naturgrödeln, herrlich, das hat auch mich zum schmunzeln gebracht. 👍 Freue mich immer über Beitrage von dir und lese diese tatsächlich auch sehr interessiert.
Liebe Grüße Anja und Charly 🙋🏻♀️🐶
LikeGefällt 1 Person
Soo viel Winter u Schnee. Da fährt hier gleich die ganze Regio TV Crew auf und einer schreibt ein Drehbuch. Nieselregnerische Grüße aus Hessen.
LikeGefällt 1 Person
Würden Sie einem ostwestfälischen Rheinländer erklären, was Grödeln sind?
LikeGefällt 1 Person
Was würde Selenskyj dazu sagen, dass mittlerweile eine Farbe bzw. ein Kleidungsstil nach ihm benannt wurde? Der kann ja machen was er will, es wird ein Hit. („Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit“)
Vielen Dank für den fremdsprachlichen Exkurs. Ich hab da nun sehr wenig verstanden, aber den Inhalt schon. Maximilian Brückner fiel mir zuerst im Saarland-Tatort auf als Hälfte von „Kappl und Deininger“. Wenn ich ihn nicht am Gesicht erkenne (Ein Hoch auf die jeweilige Maske), dann an seinen ungewöhnlich langen Ringfingern im Vergleich zur restlichen Hand. Die hat bislang noch keine Maske weg-maskiert 😀
Die Episode mit dem Abtaun-Girl steht bei mir auch noch an. Ich sag Eanan, alles geht besser, wenn man dazu ein fetziges Liedchen singen kann.
LikeGefällt 1 Person
Welch wahrlich himmlischer Beitrag mit herrlichen weiß-blauen Bildern! Es wurde aber auch Zeit, die grauen Wolken beiseite zu schieben und hier mal wieder strahlende Farben ins Spiel zu bringen … und dazu tolle Nachrichten: Husten weg, Schlaf wieder da, Bergtouren, Schwimmbadbesuche, schöne Events … so darf’s weitergehen … und statt Selenskyj-Khaki auch mal wieder strahlendes Blau am Seelen-Sky … 😉
Danke für diesen durch und durch positiven Post!
Herzlichst, der Commentatore …
LikeGefällt 1 Person
Schön von Dir zu lesen. Wir kaufen uns jetzt alle die Parker der Bundeswehr mit und ohne Muster. Vielleicht finde ich noch im früheren Elternhaus einen aus der Jugend.
LikeGefällt 1 Person
das ist, find i, ein wunderbarer beitrag: gute nachrichten, zauberschöne bilder, das video (grad nochmal angemacht) mit hörkulisse – und natürlich ist die neugier geweckt (der zweite beschluss … hmhmhmh …).
möge das jahr so bestens weitergehen für dich, liebe natascha, und viele wünsche erfüllen!
herzliche lichtmessgrüße: pega
LikeGefällt 1 Person
Schön mal wieder von Dir und Pippa zu lesen und zu sehen. Wunderbar die Schneewelten. Herzensgrüße und mit besten Wünschen zu bleibenden erholsamen Schlaf, Susanne
LikeGefällt 1 Person