Gefragt Gespürt Gewartet Montagmittagumzwölf

Montagmittag, 12 Uhr. (#3)

Im Loungebereich des Autohauses, was besser klingt als Warteecke der Verkaufshalle, harre ich der Dinge, vor allem aber harre ich des Herrn S., der seit Kurzem unser neuer Serviceberater ist.
Das ist er erst, seit ich mich ein paarmal über den unerträglich geschwätzigen und inkompetenten Herrn M. beschwert hatte, und ich bin der Geschäftsleitung äußerst dankbar, dass aus meinen Beschwerden schließlich dieser Wechsel resultierte.

Herr S. geht mir mit nichts auf den Wecker, er spricht nicht mehr als nötig, doch stets so viel wie sinnvollerweise zu sprechen ist, er hört genau hin, auf welchen Service ich Wert lege und welchen ich auch nach 15 Jahren nach wie vor nicht haben möchte – und er probiert daraufhin nie seine in mittelklassigen Kundenservice-Fortbildungen erworbenen skills an mir aus, so wie Herr M. es ständig tat.
(Nebenbei: aus recht ähnlichen Motiven habe ich vor einigen Jahren auch einen Friseurwechsel vollzogen, denn der alte Friseur nervte mich ab Auftauchen des ersten gräulich schimmernden Härchens bei jedem meiner Besuche mindestens mit dem Hinweis, dass man dagegen ja „wunderbar etwas tun könne“ und wollte einfach nicht verstehen, dass ich mein graues Ersthaar und seine bald auftauchenden Genossen weder als therapiebedürftige Krankheit noch als farbenfrohe Sparbüchse für die folgenden Jahrzehnte des Ergrauens zu betrachten gewillt war, also ging ich und suchte mir einen Haarkürzer, der es prinzipiell nicht so mit der Chemie hat und es ohne Stirnkräuseln akzeptiert, dass ich die Farbpigmente weichen lasse, wann sie halt weichen wollen. Über das Lassen werde ich mich beizeiten auch einmal auslassen, das wird mir nämlich ein immer größeres Anliegen.)

Zurück zu Herrn S., der zwischenzeitlich zur Fahrzeugübergabe erschienen ist. Ich hoffe, er wechselt in den nächsten Jahren nicht in eine der anderen Münchner Filialen, so dass er uns noch lange erhalten bleibt.

Nach dem am Wochenende wieder intensiv genossenen Hin und Her bei der Deutschen Bahn (Streik: ja – der Gatte bucht seinen Montags-Zug auf Sonntag um, Streik: nein – der Gatte will wieder den ursprünglichen Zug nehmen, was aber nicht geht, weil auch ohne Streik am Montag kein einziger ICE von München nach Frankfurt fahren wird, weshalb er dann doch schon sonntags fahren muss, aber nicht mehr mit dem Zug fahren kann, den er tags zuvor wegen des Streiks als Alternative erkoren hatte, denn aus irgendeinem Grund fährt der plötzlich auch nicht mehr usw. usw. – ein dreitägiges Chaos endet irgendwann mit 3 Platzreservierungen für 3 verschiedene Züge, von denen einer dann glatt gefahren ist und sogar mit nur moderater Verspätung in Frankfurt ankam, was momentan eine bejubelnswerte Ausnahme ist) werden wir keinesfalls in den nächsten Jahren ein autofreies Leben erwägen, folglich noch längere Zeit auf einen möglichst angenehmen Serviceberater angewiesen sein.

*****

Ebenfalls noch für längere Zeit werde ich mich mit der versuchsweisen Wiederherstellung dessen, was landläufig unter Gesundheit verstanden wird, befassen dürfen. Ich will das hier keineswegs detaillierter ausführen, es reicht, sich intern mit den Einzelheiten abzumühen.
Phänomene wie „Popliteustendinose“ und so Sachen zu googeln (oder zu behandeln) ist stinklangweilig, wenn man nicht selbst davon betroffen ist (und selbst dann ermüdet es einen bald).
Auf einer Metaebene immerhin ist interessant, dass ich nicht nur in der Kniekehle ein Gefühl von Enge und Entzündung verspüre.

Binnen eines Jahres habe ich eine ganze Kette inflammatorischer Prozesse durchlaufen, und befände sich überall dort, wo ein solcher Vorgang im Gange war oder es noch ist, ein schwarzer Tupfen, sähe ich bereits aus wie ein Dalmatiner.
Als Kind liebte ich Dalmatiner fast so sehr wie Dackel, bis ich als Studentin mal einen kennenlernte, der an einer dieser typischen Dalmatinerkrankheiten litt: er hatte Epilepsie und ein kurzes, qualvolles Hundeleben und ich werde nie seinen irrlichternden Blick vergessen, als er sich in einem Anfall am Boden wand.

Das mit dem Engegefühl lässt sich leider nicht mittels einer Hunderasse, die jeder kennt, veranschaulichen. Wollte ich diese Empfindung dennoch in ein Tierbild übersetzen, würde ich wohl am ehesten das Pangolin wählen. In mancher Hinsicht käme das der Sache am nächsten, allerdings hat mein Panzer nichts von der Scharfkantigkeit des pangolinschen Schuppenkleids.

Demnächst auch hierzu einmal mehr, vielleicht auf einer der längeren Bahnfahrten im Juni, wenn ich engebedingt das Weite suche, 1x nach Süden, 1x nach Nordwesten. Sofern kein Streik die Reisepläne vereitelt, versteht sich.

*****

Um mir die Wartezeit im Autohaus zu vertreiben mich konkreter darauf einzustimmen, was mich an den zwei auto- und streikbedingt auch ausflugsfreien Tagen in puncto Wetter erwartet, öffne ich die Wetter-App und scrolle die verregneten Zeitbalken der nächsten 48 Stunden durch.

Seit ein paar Wochen bin ich zunehmend beeindruckt von der Prognosenprosa, die Regenredakteure müssen sich ja täglich etwas einfallen lassen, um das Immergleiche halbwegs variantenreich zu präsentieren.

„Zunächst trüb und Regen, nachmittags einzelne kurze Wolkenlücken zwischen den Schauern.“

„Nach wenigen Auflockerungen bald dichte Wolken, aus denen es mit zunehmender Häufigkeit und Stärke regnet.“

„Letzte Wolkenlücken schließen sich am Vormittag, es wird richtig regnerisch.“

Mein heutiger Favorit in den Niederschlagsnachrichten:

„Es regnet wenigstens zeitweise etwas, nachmittags auch kurze Auflockerungen.“

Ja wo kämen wir denn da auch hin, wenn es mal gar nicht regnen täte?
Klasse, wie hier durch das winzige „wenigstens“ die Erwartung des Wetterberichtkonsumenten gekonnt antizipiert wird!

Alles wie gehabt also, im Grunde graut es seit Ostern bis auf wenige Ausnahmen durch, außer auf den Berggipfeln, da wird weiterhin eifrig geweißelt.
Ich schließe die App und warte weiter.

„Vorsicht vor Maiwürmern – ihr Gift kann tödlich sein!“ – so pusht es wenige Minuten später die Push-Nachrichtenfunktion eben jener gerade geschlossenen Wetter-App, die ich nie bewusst aktiviert habe und von der ich gerne wüsste, wo ich sie ausschalten kann, auf mein Smartphone.

Maiwürmer?
Wurscht. Tangiert mich nicht, bei mir ist eh noch der Aprilwurm drin – und im bayerischen Maiwetter ebenso.

*****

Was die liebe Frau Graugans heute wurmt oder auch nicht, das finden Sie hier.

4 Kommentare zu “Montagmittag, 12 Uhr. (#3)

  1. Pingback: #3 Die kalte Sophie und der Desperado | Graugans

  2. Wenn Dein Handy ein Android-Handy ist, geht das Ausschalten der Benachrichtigungen so:
    Einstellungen (das kleine Zahnrad rechts oben) / Apps in der Liste anklicken / Wetter-App auswählen / unter App-Einstellungen Benachrichtigungen anklicken / Schieber von EIN auf AUS schieben
    Beim Apple-Tablet gehts so (ich hoffe, das gilt auch fürs Apple-Phone):
    Einstellungen / Wetter-App anklicken / Mitteilungen von Ein auf Aus umschalten
    Viel Erfolg 🙂

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  3. Werte Frau Kraulquappe,
    wo wir gerade bei Würmern sind: Es wurmt mich gar sehr, daß ich mich nun schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr bei Ihnen gemeldet hab … auch bei mir war der Wurm drin … Rechner-Wurm (Monitor futsch, Platte hopps, Mails verloren) … Gesundheits-Wurm – allerdings mittlerweile überstanden und alles wieder gut … und die ein oder andere alltägliche Kleinigkeit, die mir einfach nicht die Muße ließ, auf Ihre letzte Mail ausführlich zu antworten …
    Aber es ist erquickend, die neue Rubrik hier zu durchforsten und auf diese Weise wieder ein wenig auf Stand zu kommen, wie es Ihnen derzeit geht – auch wenn die Erquickung mehr in der Präsentation, Ihrem Schreibduktus liegt, als in dem, was da an Unbill geschildert wird … aber immerhin, um wieder zum Ursprung meines Kommentars zu kommen, wurden Sie nicht Opfer des berüchtigten Frauenmörders Wurm 😉
    Herzlichst, der Commentatore …
    https://m.youtube.com/watch?v=Hqvl3ev6yRo

    Gefällt 1 Person

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