Sonntag, 1. November 2020. München, Theresienwiese.
Vor der Haustür heute zur Abwechslung mal ein „Gottesdienst“. So haben sie ihre für heute Nachmittag geplante Demo, die erst vom KVR und dann auch vom VGH (mit völlig nachvollziehbarer Begründung) untersagt wurde, in aller Eile umbenannt, diese Querdenker.
Damit sie sich nach Belieben auch distanz- und maskenlos und vor allem in gewünschter Truppenstärke dort versammeln und ihre plumpen Phrasen dreschen predigen können. In Bayern unterliegen Gottesdienste unter freiem Himmel nämlich keiner Beschränkung der Teilnehmerzahl. So macht man das, nimmt man halt einfach mal die Religion zu Hilfe.

Nicht zu fassen. Eigentlich müsste doch allen, die denken, egal ob quer oder geradeaus, auffallen, wie dummdreist oder blasphemisch das ist. Und wie schade, dass ausgerechnet in dieser Hinsicht die nächsten vier Wochen keine Ruhe zu erwarten ist.

Ansonsten: It’s closing time.

Mit ein paar anderen Wasserjunkies pflüge ich ein letztes Mal zu jener Abendstunde, in der das Schwimmbad grundsätzlich am leersten ist, durch das riesige Becken.
Jede einzelne Bahn mit Bedacht und fast feierlich geschwommen, das hatte auch ein bisschen was von einer Messe, die jeder still und konzentriert für sich allein zelebriert (und doch sind wir alle im selben Wasser).

Erstmals in meinem Leben schwimme ich 2.800 Meter am Stück. 100 für jeden Tag der bevorstehenden Schließung (sofern es bei den vier Wochen bleibt). Obwohl es sich mit dem Schwimmen ja leider genauso verhält wie mit dem Schlafen: man kann es nicht auf Vorrat betreiben und wochenlang davon zehren (was man aktuell bunkern könnte, wäre lediglich Klopapier und so Kram).

Egal, es tut mir trotzdem gut, das mal auszuprobieren, bis kurz vor Beckenschluss (wie der Zapfenstreich im Schwimmbad genannt wird) zu schwimmen.

Ist viel, aber ging schon – die schweren Beine können sich ja nun lang genug von dem Einsatz erholen.

Die nette Kassiererin verabschiedet sich geknickt in die nächste Kurzarbeit, der Lieblinsgsbademeister ruft einem zum Abschied ein optimistisches „Servus und bis bald!“ hinterher.

Genau wie im Frühjahr werden wir unser Freibad und unseren Sport sehr vermissen in den kommenden Wochen (und die Psychohygiene, die damit verbunden ist, ebenso), aber so ist das nun.

Ab morgen wird wieder Gugelhupf gebacken, das hat sich schon mal bewährt.

10 Kommentare zu “Closing time.

  1. Manche Querdenker nennen sich nur darum so, weil es ihnen an der Fähigkeit mangelt, geradeaus zu denken.
    L.G.

    Gefällt 2 Personen

  2. Herr, schmeiß Hirn vom Himmel! … Aber wenn schon das Weiße Haus in Washington den Weg des „Durchseuchens“ vorlebt – und wie es scheint relativ erfolgreich – wie sollen die Querdenker da zur Einsicht kommen?
    Die nennen sich übrigens zu Recht „Querdenker“, weil sie nicht in der Lage sind, auch nur von der Wand bis zur Tapete zu denken … 😉

    Höchster Respekt für den 2800m-Schwumm – übersteigt um ein Vielfaches alles, was ich im Becken zustande brächte …

    Liebe Grüße aus dem Home Office!
    Spike

    Gefällt 2 Personen

    • Ich überlese nun geflissentlich und zu deinen Gunsten die Doppeldeutigkeit im letzten Satz und schließe mich deiner eingangs formulierten Fürbitte aus tiefstem Herzen an.
      Wünsche einen guten Start in die neue Homeoffice-Woche und sende liebe Grüße aus dem heruntergefahrenen München, wo ich gerade den PC hochfahre.
      Natascha

      Gefällt 1 Person

      • Wo Du schon wieder Zweideutlgkeiten witterst – aber lieber eine ungeplante Pointe als gar keine … 😉
        Tja, aber wenn sie Dir im Lieblingsschwimmbad womöglich nun das Wasser ablassen, dann bleibt ja als letzte Möglichkeit der körperlichen Ertüchtigung noch die Beckenbodengymnastik …

        Gefällt 2 Personen

      • Lustig, an exakt diese Weiterführung der Pointe dachte ich auch schon, bekam aber nicht gleich die Kurve dorthin, das hast du ja nun erledigt! 🙂

        Like

      • Auch eine Jobidee für eine zweite Karriere: Kurvenassistent … 😉

        Gefällt 1 Person

  3. Im Moment muss das Gehirn eingeschaltet bleiben, auch wenn es zu Lasten des Hedonismus geht.

    Gefällt 1 Person

  4. Pingback: Aufgerissenes, wildes Nordsee-Grau. Ein November Tagebuch. – OlasUniverse

  5. Jetzt sehe ich den Beitrag und auch irgendwie nicht…
    Ich muss ein WP-Update bekommen haben, das Text und Bilder im Reader unleserlich übereinander wirft!
    Was ich sah: 2,8 Kilometer durchpflügtes Wasser. Meine Hochachtung!!!
    Liebe Grüße von Wieder-zu-Hause. Birgit

    Gefällt 1 Person

    • Au weia, wenn ich in den Reader gucke, seh ich’s auch, diese Überlappung von Bild und Text, allerdings nicht nur bei meinem Beitrag, sondern auch auf anderen Blogs, das wird wohl ein genereller Bug sein, den WP hoffentlich schnellstens behebt. Aber Hauptsache, die heldenhafte Distanz war lesbar 😉
      Liebe Grüße zu dir ins Homeoffice,
      Natascha

      Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..